sotti » 13 Dec 2018, 22:43 hat geschrieben:Wie berechtigt sind Programme wie 'fit statt fett', z.B.? Macht der Name einen Unterschied; ist das Ziel solcher Programme (nicht) grundsätzlich begrüßenswert, auch wenn es natürlich wertet, dass Dicksein unerwünscht ist (von dem dämlichen Schein-Gegensatz fett-fit mal abgesehen)?
Für mich sind solche Programme nicht bzw. nur sehr begrenzt berechtigt, weil sie pauschalisieren und nicht auf das Individuum schauen. Weil sie nur auf Zahlen: Relation Körpergröße zu Körpergewicht schauen, aber nicht auf die Ursachen.
Daraus folgt erst mal Stimatisierung. Egal, wie man es nennt: Fit statt fett, pummelig, speckig, wohlgenährt, Babyspeck, vollschlank & Abnehmen - es wertet, und in diesem Fall wertet es ab.
Ja, ich reagier allergisch darauf, weil ich bis ich ca. 10 Jahre alt wurde, eine sogenannte Bohnenstange war, die querbeet alles essen konnte, ohne zuzunehmen. Die Pubertät begann, meine Schildrüse spielte verrückt und ich nahm unerklärlicherweise zu.
Es war nicht so, dass das meinen Eltern egal war, sie sich nicht darum kümmerten. Sie haben mich zu Spezialisten geschleppt, ich wurde Diäten unterzogen und ich wusste mir Auswege zu schaffen, das Essen zu bekommen, was ich wollte / brauchte. Die Ess-Störung folgte, weil das Essen heimlich geschehen musste.
Und ich hab mich gefragt (nicht bewusst, aber ganz tief in mir drinnen), was an mir falsch ist! Und das hat mir richtig geschadet, obwohl ich oberflächlich das Gleiche aß, wie die Jahre zuvor. Meine Mutter kochte zu dem Zeitpunkt noch nicht anders.
Ich hatte Glück, dass ich eine Mutter hatte, die immer hinter mir stand - egal, wie viel ich wog; egal, was das Umfeld nicht nur dachte, sondern auch oft genug, mehr als deutlich ausprach.
Ich hätte kein Stress mit solchen Programmen, wenn individuell danach geschaut werden würde, was die Ursache für eine Gewichtszunahme ist. Nicht nur einfach sagen würde - überspitzt formuliert: Das Kind frisst zu viel und bewegt sich zu wenig!
Bei mir war Hashimoto die Ursache und nein, das ist keine Seltenheit, kommt häufiger vor als man denkt. Bei mir wurde es unglaublicherweise dann im Alter von 40 diagnostiziert (das haben ca. 10 % der Bevölkerung).*
Bei mir gab es gesundheitliche Ursachen, bei anderen gibt es emotionale Ursachen (Vernachlässigung, mangelnde Nähe), bei anderen falsche Ernährung oder ... Aber bei allen Ursachen kann das betroffene Kind erst Mal nichts dazu. Aber es ist das Erste, das in irgendwelche Maßnahmen gesteckt wird und an sich zweifelt. Daher halte ich nichts von solchen Programmen.
Die Stellschraube, wo man ansetzen muss, liegt in den jungen Jahren eines Kindes immer woanders. Aber das weiß davon nichts, kann sich nicht zur Wehr setzen. Leidet dann, wenn es dumm läuft, richtig viele Jahre darunter, wenn es sich - wenn überhaupt -, irgendwann da mal raus wurschteln kann.
*Dass ich dann so massiv übergewichtig wurde, da spielten noch andere Themen eine Ursache, z.B., dass mir Essen gut schmeckt

, aber auch noch anderes ...